12.000 Euro Schmerzensgeld wegen Tinnitus

Das Oberlandesgericht Naumburg spricht dem Kläger 12.000 Euro zu wegen mittelschweren Tinnitus.

OLG Naumburg 1 U 97/12

Nach einem Verkehrsunfall erlitt der Kläger ein HWS-Distorsionstrauma, Prellungen der Wirbelsäule, des Thorax und des Unterschenkels. Dazu litt er unter Rücken-, Kopf-, Nacken- und Beckenschmerzen, sowie eine Verschlechterung der Sehfähigkeit. Und als Folge des HWS-Distorsionstraumas ergibt sich ein Tinnitus.

Der Kläger wurde über zwei Monate lang krankschrieben. Alle seine Verletzungen, außerdem sein rechtsseitiger Tinnitus, dauern an.

Der Kläger unterzieht sich einer mehrwöchigen Tinnitus-Rehabilitationsmaßnahme.

Wegen Tinnitus ergeben sich soziale und berufliche Probleme. Es kam zu Schlafstörungen, Kommunikations- und Konzentrationsproblemen, Einschränkung der Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit.

Das Landgericht Dessau-Roßlau spricht dem Kläger ein Schmerzensgeld von 6.000 Euro zu.

Der Kläger legt Berufung ein.

Die behandelnden Ärzte haben beim Kläger eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10% bestätigt.

Das Oberlandesgericht Naumburg erkannte, dass die Erkrankung sich entwickelt hat und der Krankheitsverlauf nicht absehbar ist. Eine Verbesserung oder Heilung können nicht sicher vorhergesagt werden.

Nach Ansicht des OLG wird die landgerichtliche Entschädigung von 6.000 Euro dem Sachverhalt nicht gerecht. Das OLG erhöhte deswegen den Schmerzensgeldanspruch auf 12.000 Euro.

TINNITUS

 

 

Der Tinnitus

Die Lärmschwerhörigkeit wird in ca. 40% der Fälle von einem chronischen Tinnitus begleitet. Der Tinnitus erhöht den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Voraussetzung: Der Tinnitus macht krank; der Tinnitus hat also einen eigenen Krankheitswert.

 

Die psychische Belastung

Bei einem komplexen Tinnitus-Leiden hat der Tinnitus einen solchen Krankheitswert. Die Bezeichnung komplexes Tinnitus-Leiden meint den dekompensierten Tinnitus.  Dieser Begriff  charakterisiert  die Tinnitusbelastung als psychiatrisch relevant. Die Tinnitusbelastung ist dann psychiatrisch Relevant, wenn zum Beispiel eine Anpassungsstörung festgestellt wird.

 

Die Anpassungsstörung

Die Diagnose einer Anpassungsstörung  wird wie folgt definiert:

Hierbei handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens können ein zusätzliches Symptom sein. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein.

 

Die chronische Erkrankung

Allgemein gilt Folgendes: Hinsichtlich des chronischen Tinnitus wird zwischen einem chronisch kompensierten und einem chronisch dekompensierten Tinnitus differenziert.

Viele  Geschädigte  mit  kompensiertem  Tinnitus  können  nach  einer  anfänglichen  Irritationsphase ohne große Beeinträchtigung mit ihrem Ohrgeräusch leben. Ist dies nicht möglich und entwickelt der Betroffene eine Sekundärsymptomatik (Schlaf- oder Konzentrationsstörungen, Vermeidungsverhalten, Depressionen etc.), wird dies als dekompensierter Tinnitus bezeichnet. Es bestehen ein hoher Leidensdruck und eine deutliche Beeinträchtigung der Lebensqualität und der Erwerbsfähigkeit.

 

 

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